Die größte Gefahr für den Erfolg ist der Erfolg
- Nadine Sporea
- 26. März 2024
- 4 Min. Lesezeit
... sagte einmal der Gründer eines lange Zeit erfolgreichen deutschen Handelsunternehmens. Wie wahr dieser Kernsatz für die Organisation wurde, die er einmal selbst gegründet hatte, war ihm sicherlich schon klar, als er sich zum Ausstieg entschloss. Das Unternehmen geriet geradewegs und just mit dem Umbau vom inhabergeführten Erfolgsmodell zum Handelskonzern in Holding Struktur aus einem Erfolgstaumel in eine Schieflage, die es mit den bisher erlernten Methoden nicht mehr bewältigen konnte. Und damit ist dieses Unternehmen nicht alleine. Viele Organisationen scheitern an ihrem eigenen Erfolg.
Wie kann das sein? Man ist geneigt, anzunehmen, dass erfolgreiche Unternehmen "wissen, was sie tun" und damit auch auf die Veränderungen des Umfelds oder des eigenen Organismus gezielt reagieren können. Wie kommt es also dazu, dass erfolgreiche Organisationen plötzlich am Ende ihres Lateins angekommen scheinen?
Das Erfolgsparadoxon
Jeder Unternehmer strebt nach Erfolg. Er oder sie hat eine zündende Geschäftsidee, erkennt am Markt Chancen und navigiert erfolgreich durch die Risiken. In der Unternehmerküche brodelt ein Trank aus Marketing im Zeitgeist, Risikofreude, charismatischer Persönlichkeit und einem großartigen Produkt, der bei Kundenkontakt seine Zauberkraft entfaltet. Man ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort und schon läuft es. Es läuft immer besser und um den Unternehmer herum wächst ein Unternehmen.
Man freut sich: Risikobereitschaft und Marktkenntnis haben sich ausgezahlt. Der Kunde kam, blieb und gab Geld aus. Und so kommt der Unternehmer samt seiner Organisation zum Schluss: wir machen alles richtig.
Das mag sicherlich zum Teil wahr sein. Schließlich kann, wer sich nicht ein bisschen anstrengt, nicht erfolgreich werden. Doch wird wirklich jeder, der erfolgreich ist, es in direkter Übersetzung durch seine Anstrengungen?
Allein der seit langem kursierende Begriff der VUKA Welt (V-olatilität, U-nsicherheit, K-omplexität, A-mbiguität) lässt erahnen: diesen direkten Zusammenhang wünschen wir uns allenfalls, wahrscheinlich gibt es ihn aber nicht. Das Marktumfeld des Unternehmers ändert sich schneller und unberechenbarer, als er in seinem Erfolgsrausch erkennen kann. Und während er zu Beginn seines Unternehmertums noch nah am Markt saß und zumindest die Chance hatte, einen Teil der Dynamik mit cleveren Bewegungen zu synchronisieren und damit die Möglichkeit schuf, zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, hört er nun lieber auf seine selbstzufriedene innere Stimme: "alles richtig gemacht."
Es ist durchaus paradox: Erfolg macht selbstzufrieden. Und wer mit sich selbst zufrieden ist, kann aus den Augen verlieren, um wessen Zufriedenheit es eigentlich gehen muss.
Wenn der Kunde plötzlich nicht mehr von alleine kauft
Es ist gefährlich, zu denken, man sei aufgrund der eigenen Leistungen erfolgreich.
Sicherlich: irgendetwas hat der Unternehmer richtig gemacht, sonst hätten die Kunden sein Angebot hat nicht angenommen. Zum Startzeitpunkt hatte er also den richtigen Riecher, ein Angebot für den Kunden zu kreieren, das dieser gerne annehmen wollte. Die Lösung passte zum Problem des Kunden und wurde zum Erfolg. Und weil die Lösung so gut war, schreibt das Unternehmen sie als seine Erfolgsstrategie fest. Nicht selten werden auf diese Art Lösungskonzepte zu einer Art DNA des Unternehmens. Möglichst tief werden sie bei neuen Mitarbeitern, in der Kommunikation im Innen und Außen und bei jeder Entscheidung tief verankert.
Viele Jahre kann diese Strategie gut gehen. Doch plötzlich bremst das Wachstum, die Zahlen legen nahe: irgendetwas stimmt hier nicht. Es muss etwas passieren. Man hat es nicht kommen sehen - plötzlich kauft der Kunde nicht mehr von selbst.
Zu gut um zu scheitern
Kann es vielleicht sein, dass die Lösungen der Vergangenheit nicht mehr funktionieren, weil die Kundenerwartung sich geändert hat? Oder sogar, dass ein Erfolgsprinzip des Unternehmens durch Änderungen am Markt plötzlich zu einem Risikofaktor geworden ist?
Diese Frage ist für eine Organisation sicherlich schwer zu beantworten, wenn ganze Problemlösungsstrategien als Werte durch die Unternehmensblutbahn fließen. Denn dann ist jeder Infragestellung des Prinzips eine direkte Bedrohung der selbst gestifteten Identität.
Der Weg ist nicht frei für eine ehrliche Betrachtung der Realität. Man ist zu gut, um zu scheitern.
Lösungsorientierung oder Problemorientierung?
Dabei ist es vollkommen egal, für wie gut man sich als Unternehmen selbst hält. Wie gut man wirklich ist, sagt nur einer: der Kunde. Kauft der nicht mehr, geht das unternehmerische Angebot an seinen Bedürfnissen vorbei.
Viele Unternehmen sind lösungsorientiert, aber nicht problemorientiert.
"Wie bitte?" könnten sie sich jetzt wundern "natürlich wollen wir doch lösungsorientiert sein und nicht problemorientiert", richtig?
Selbstverständlich.
Doch wer bewertet, ob Lösungen gut sind? Nur der Kunde kann dies tun und er stimmt mit seinem Auftrag darüber ab. Vergibt der Kunde also für unsere Lösung irgendwann keinen Auftrag mehr, liegt nahe, dass wir sein Problem nicht verstanden haben.
Erfolgreiche Unternehmen, die an ihrem Erfolg scheitern, scheitern oft daran, dass sie die Problemlandschaft ihrer Kunden aus den Augen verlieren und damit mit alt bewährten Lösungen auf Probleme zielen, die schon lange nicht mehr da sind.
Wir brauchen Kundenversteher
Als das Angebot vom Kunden angenommen wurde, hat es also sein Problem gelöst. Das kann absichtlich oder zufällig geschehen sein. Anstatt nun die Lösung im Unternehmen zu verankern, wäre es vielleicht sinnvoll gewesen, den Kunden und seine Bedürfnisse zum Zentrum der Strategie zu machen?
Man darf davon ausgehen, denn das Unternehmen hätte sich weniger auf das eigene Angebot und mehr auf den Bedarf des Kunden fokussiert. Änderungen an der Lösung in Form des Angebots werden dann von der Organisation auch nicht als identitätsbedrohlich empfunden. Die Lösung wird dann flexibel, die Problemlösungskompetenz wird zum Kern der Unternehmung.
Wie steht es um Ihr Unternehmen? Wie ist Ihr Verhältnis von Lösungsverstehern und Kundenverstehern?
Lassen Sie uns dazu sprechen, treten sie HIER mit uns in Kontakt.
Was bedeutet eigentlich Kundenorientierung?
Mehr dazu im nächsten Beitrag...
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