Trainersuche in Süddeutschland - systemisch gedacht
- Dirk Bildhäuser
- 27. Mai 2024
- 2 Min. Lesezeit

So. Habemus Trainer. Was wurde in den letzten Wochen nicht alles geschrieben und kommentiert. Interessanterweise haben viele dieser Kommentatoren auf das Machtgefüge in diesem erfolgreichen Verein verwiesen und schon fast systemisch argumentiert. Allerdings wird mit dem typischen Zeigefinger auf eine bestimmte Person gedeutet. Da könnte inhaltlich etwas dran sein. Aber das ist viel zu kurz gesprungen. Denn auch diese Rolle ist nicht zufällig so besetzt.
Die schlechte Nachricht
Es wird sich nicht wirklich etwas verändern. Grund ist der, dass der Verein als System über die Jahrzehnte eine extrem starke, eigene Persönlichkeit entwickelt hat. Es gibt dafür sogar einen Slogan, der hinten auf dem Trikot steht. In Unternehmen wird das häufig und richtig als Kultur bezeichnet. Das ist hier grundsätzlich auch so. Jedoch ist der Unterschied, dass die für den Sport so typische Emotionalität hinzukommt, die aus technokratischen Strukturen echte lebende Systeme entstehen lässt. Und jetzt kommt das Entscheidende: Das System (also der Verein) wird voraussichtlich auch in Zukunft ausreichend von außen alimentiert werden, so dass eine Veränderung sehr unwahrscheinlich ist. Es wird daher nicht mit einem disruptiven Bruch zu rechnen sein. Bezogen auf den Tegernsee: Wenn ER es nicht macht, machts halt ein anderer… Unter ceteris paribus Bedingungen nichts mehr zu retten bei dieser Vereinspersönlichkeit.
Der Trainer!?
Zurück zum Tagesgeschäft: Was soll der Auserwählte jetzt tun? Natürlich ist es ziemlich simpel: Gewinnen, gewinnen, gewinnen. Aber wie soll er es schaffen, länger als seine Vorgänger zu überleben? Die Antwort ist nicht rein sportlich. Sie ist systemisch. Es geht um eine andere Schachfigur im Spiel: Den Sportvorstand. Hypothese: Er hat den Trainer genau aus dem Grund gewählt, weil nur mit dieser nicht erwarteten Wahl intern ein Impuls gesetzt werden konnte. Und so der Tegernsee (und der andere aus Grünwald) etwas überrumpelt wurden. Weil gegen einen Trainer aus dem Umfeld des Trainer-GOATs niemand ernsthaft Einwände erheben kann. Ein guter Schachzug also. Aber es muss noch etwas Anderes passieren: Der Sportvorstand sollte nach einer ersten, hoffentlich erfolgreichen Phase die Machtfrage stellen. Dann hat er zumindest für kurz alle Argumente auf seiner Seite. Denn umgedreht hatte die „Vereinspersönlichkeit“ beispielsweise auch keinen Stress, einen Sixtupel-Trainer zu entlassen. Und das trotz eines Sportvorstands, der sich bekanntermaßen vor seinem Arbeitstag seine ToDo-Liste vom Tegernsee faxen lies. Oder war es genau deshalb? Kurzum: Der Trainer muss die Rampe bauen. Und der neue Sportvorstand muss diese nutzen. Dumm nur, dass systemisch betrachtet dann wahrscheinlich einfach andere die entsprechenden Rollen besetzen und diese wie bisher leben werden.
Der Greenkeeper!
Es liegt darin aber auch eine kleine Chance. Denn eine Veränderung benötigt auch ein wenig Zeit. So könnte es in der Hierarchie-Rollenbesetzung Überraschungen geben, da manch einer ein kurzfristiges Machtvakuum nutzen könnte und dabei auch vom Duo Sportvorstand/Sportdirektor gemeinsam unterstützt wird. Und der eine neue Kultur und Systempersönlichkeit ernsthaft entwickeln will. Vielleicht ist es dann derjenige, der nicht mal Greenkeper im Stadion werde durfte!? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Sonst geht es weiter wie bisher: Geld bringt die Titel, die aber nicht davor schützen, die Unruhe im Verein mittel- bis langfristig zu befrieden. Unabhängig von den Personen, die die Vereinspersönlichkeit in ihren Rollen ausfüllen und weitertragen.
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